Die Zeit der schweren Not

Mit einem Zitat von Adelbert von Chamisso betitelt Günter de Bruyn diesen 2013 erschienenen Essayband, dessen Untertitel – Schicksale aus dem Kulturleben Berlins 1807 bis 1815 – klarmacht, worum es geht: Mit Kurzbiographien, Episodenschilderungen und Charakterstudien rückt der Preußenkenner de Bruyn uns diese wichtige Phase der preußisch-deutschen Geschichte nahe.

Nach der Niederlage bei Jena und Auerstädt im Jahre 1806 beginnt die Neufindung und Reorganisation im Innern Preußens und die schwierige Positionierung nach außen. Bauernbefreiung, Städteordnung, Heeresreform sind ebenso Stichworte der Epoche wie Rheinbund, Großdeutschland und Franzosenhaß. Napoleon ist allgegenwärtiger Bezugspunkt von Ängsten und Ideen.

De Bruyn beschreibt Gneisenau und Gentz, Hardenberg und Wilhelm von Humboldt, Achim und Bettine von Arnim, Brentano, Chamisso, Eichendorff und Kleist, Zelter, Hoffmann, Arndt, Jahn, Rahel Varnhagen und viele andere. Dabei greift de Bruyn immer wieder über Berlin hinaus, nicht zuletzt, weil in diesen unruhigen Zeiten seine Protagonisten viel unterwegs sind.

Das „Franzosenjoch“ wird ebenso plastisch wie die „Insurrektion“ derjenigen, die einen landesweiten Aufstand dagegen vorzubereiten trachteten. Idealismus und Realitätssinn, literarischer Dilettantismus und qualvoll entrissenes Künstlertum, Abenteuerlust und „preußische Tugenden“ – das Buch ist überreich an alledem und bietet so eine amüsante, vielseitige und sehr lehrreiche Lektüre.

Für mich war es eine schöne Ergänzung von Theodore Ziolkowski, Berlin: Aufstieg einer Kulturmetropole um 1810, 2002 bei Klett-Cotta erschienen.

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2 Antworten zu Die Zeit der schweren Not

  1. Kaffeehaussitzer schreibt:

    Bisher kenne ich nur den Vorgängerband „Als Poesie gut“ (http://kaffeehaussitzer.de/?p=1068), der mich aber auch schon sehr begeistert hat. Der von Dir hier besprochene zweite Band wartet noch, aber ich hoffe nicht mehr lange. Der Stil von De Bruyn ist einfach eine gelungene Mischung aus Plauderei und intensiver Wissensvermittlung.

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